Stadtnachricht

Kommunale Wärmeplanung


Das Land Baden-Württemberg hat sich im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, neben der Energiewende, auch eine Wärmewende voranzubringen. Zielhorizont hierfür ist das Jahr 2040.

Verpflichtung der großen Kreisstädte zur Vorlegung eines Wärmeplans

Mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes gibt das Land Baden-Württemberg allen Gemeinden die Chance, einen solchen kommunalen Wärmeplan zu erstellen und fortzuschreiben. Im Gegensatz hierzu sind die großen Kreisstädte verpflichtet bis zum 31. Dezember 2023 einen Wärmeplan vorzulegen, dies bedeutet, dass in Baden-Württemberg 103 Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern zu einer kommunalen Wärmeplanung verpflichtet wurden. Hierzu gehört auch Nagold.
Jede Kommune entwickelt mit diesem Plan ihren Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung. Dieser dient als strategische Grundlage, um konkrete Entwicklungswege zu finden und die Kommune in puncto Wärmeversorgung zukunftsfähig zu machen. Dabei wird er auch zu einem wichtigen Werkzeug für eine nachhaltige Stadtentwicklung.
Mit dieser Wärmeplanung macht sich die Gemeinde die Wärmeversorgung als Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge zu Eigen. Die kommunale Entscheidungsebene und die Verwaltung entwerfen einen strategischen Fahrplan, der ihrer Arbeit in den kommenden Jahrzehnten Orientierung verleiht.
Eine Wärmewende erfordert zunächst eine drastische Reduzierung des Wärmebedarfs von Gebäuden. Doch es ist offensichtlich, dass auch künftig noch erhebliche Mengen Energie für Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme eingesetzt werden müssen. Diese müssen nach und nach möglichst vollständig aus unterschiedlichen Quellen erneuerbarer Energien und Abwärme gedeckt werden, um den Gebäudebestand klimaneutral zu machen.
Da Wärme nicht so leicht transportierbar ist wie Strom, muss dieser Transformationsprozess unter Berücksichtigung der Bedingungen vor Ort gestaltet werden. Dabei kommt den einzelnen Kommunen eine zentrale Rolle zu, die sie mit dem Prozess der Wärmeplanung erfüllen.

Präsentation zeigt die Vorstellung des Zwischenstands nach BestandsanalyseVorstellung des Zwischenstands nach Bestandsanalyse. Von links nach rechts: Reiner Zinser und Thomas Clauss (beide Stadtwerke Tübingen), Kevin Mack (Stadt Nagold), und Thomas Beck (smartgeomatics).  Foto: Fawad Mehmood


Prozess läuft auf Hochtouren, Fertigstellung des Plans im November 2023

Für den Wärmeplan müssen die Wärmeverbräuche aller privaten, kommunalen und gewerblichen Gebäude erhoben sowie bestehende Heizzentralen, Wärmeleitungen und örtliche Gegebenheiten (Geologie, Grundwasser und Oberflächenstruktur) aufgenommen werden.
Dafür wurden beispielsweise auch Schornsteinfegerdaten und statistische Daten zu allen Gebäuden erfasst und in einer Datenbank integriert, sodass diese auch räumlich dargestellt werden können. Hierbei gilt es auch den Datenschutz sicherzustellen.

Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Tübingen

Um diese Herkulesaufgabe hier in Nagold gemeinsam zu meistern, hat die Stadt Nagold die Stadtwerke Tübingen (swt) mit der Erstellung eines zukunftsfähigen kommunalen Wärmeplans beauftragt. In bisher sehr guter Zusammenarbeit mit Reiner Zinser und Thomas Clauss der swt führt Klimaschutzmanager Kevin Mack seit Monaten zur Bestandsaufnahme und Datenerhebung in Nagold auch Vor-Ort Besuche, an unterschiedlichsten Standorten, durch. Meist ist der persönliche Austausch mit den jeweiligen Hausmeistern, Energiebeauftragten und Experten sehr wertvoll, um statistische und flächige Daten lokal zu prüfen und zu vervollständigen.

Phase zwei: Potenziale zur Wärmeerzeugung

Sobald alle Daten erhoben sind und der Ist-Zustand bestmöglich ermittelt wurde, beginnt Phase zwei des Projekts: Das Ermitteln der Potenziale zur Wärmeerzeugung auf der Gemarkung Nagold. Dazu gehören neben Umweltwärme wie der tiefen Geothermie, Gewässer- sowie Luftwärme also auch Technologien wie Wärmepumpen, solarthermische Anlagen oder solare Adsorptionskältemaschinen.
Dabei müssen Windenergieanlagen sowie Freiflächen-Photovoltaikanlagen mitgedacht werden, um den dafür benötigten Strombedarf bestenfalls lokal decken zu können. Das bietet auch die große Chance der Energie- sowie Wärmeunabhängigkeit Nagolds.
Zusätzlich sollen Abwärmepotenziale von Unternehmen oder der örtlichen Kläranlage ermittelt und berechnet werden – diese könnten in Zukunft Energie in das Wärmenetz einspeisen. Die bisherigen Firmengespräche liefen sehr gut und konstruktiv. Einige namhafte Firmen wie Rolf Benz, Wagon Automotive oder Häfele wurden im Zuge einer ersten Einschätzung bereits besucht.

Digitaler Datenaustausch

Das Projekt wird größtenteils papierlos bearbeitet – die erhobenen Daten werden in ein speziell dafür eingerichtetes Projektmanagement-Tool digital eingepflegt. Neben der Schonung von Ressourcen ergibt sich daraus ein weiterer Vorteil: Die Projektleiter bei der Stadt Nagold und die Partner und Dienstleister der Stadtwerke Tübingen sowie Smart Geomatics in Karlsruhe können über den für sie eingerichteten Zugang jederzeit Daten austauschen und sich online über den aktuellen Stand des Projekts informieren.

Warum es wichtig ist alle Akteure einzubeziehen und zu informieren

Um die Wärmewende zum Erfolg werden zu lassen, ist es für Kommunen zentral, die Umsetzung der Planungen frühzeitig parallel anzugehen. Ohne eine intensive und frühe Einbindung der lokalen Betriebe und der Bevölkerung wird eine Umsetzung der Wärmeplanung deshalb kaum gelingen.
Ein weiterer Synergieeffekt des persönlichen und fachlichen Austauschs ergibt sich aus Fragen und Anregungen der beteiligten Firmen. In den Gesprächen wird deutlich: Klimaschutz und CO2-Einsparung stehen bei vielen Nagolder Unternehmen weit oben auf der Agenda, mittlerweile auch aus rein wirtschaftlichen und damit existenziellen Gründen. Interesse an einer Zusammenarbeit bei der Erstellung von Treibhausgasberichten und CO2-Bilanzen wurde häufig bekundet. Auch besteht Interesse an einem Netzwerk „Energie“ zu Themen wie Photovoltaik, Wärmeerzeugung und Abwärmenutzung. Sogar im Themenbereich Mobilität wurden bereits erste Ideen ausgetauscht und über ein Netzwerk nachgedacht.

Es findet noch eine Informationsveranstaltung statt, bei der gezielt über den aktuellen Stand der kommunalen Wärmeplanung in Nagold informiert wird und weitere gemeinsame Potenziale erörtert werden sollen.

Massnahmengebiet Wärmeschiene Lemberg

Maßnahmengebiet Wärmeschiene und energetische Sanierung Lemberg. Foto: smartgeomatics/Stadtwerke Tübingen/Stadt Nagold