Nagold wird 2024 zur Ornamenta Stadt
Mit der offiziellen Eröffnung der ORNAMENTA 2024 am 5. Juli, wird Nagold zu einer der zentralen Destinationen des Kulturformats Ornamenta.
In Nagold startet die kulturelle Entdeckungstour am Donnerstag, 11. Juli, mit der Übergabe der Sonnenuhr und des Aphrodisierenden Gartens. Bis 29. September haben alle Kunstinteressierten und Designliebhaber die Möglichkeit, mehr als 20 Orte im Nordschwarzwald neu zu entdecken. Nagold spielt dabei gleich in drei der vom kuratorischen Team gegründeten Themengemeinden eine zentrale Rolle.
Sonnenuhr „From Nine to Five“
Nagold wird in der Themengemeinde „Solartal“ zum Standort einer von drei Ornamenta-Sonnenuhren, die die Designerin Charlotte Rohde entworfen hat und welche von der Calwer Firma Perrot Turmuhren in Zusammenarbeit mit dem Sonnenuhrspezialisten Carlo Heller realisiert wurde. Die Firma Perrot ist für die weltweit größte Uhrenanzeige auf dem Mekka-Tower bekannt. Die Schriftgestalterin und das Unternehmen verfolgen gemeinsam das Ziel, das regionale Erbe der Sonnenuhren wiederzubeleben und einen zeitgenössischen Ausdruck für die solarbetriebenen Zeitmesser zu finden.
Die Sonnenuhr mit dem Titel „From Nine To Five“ wird künftig am Gerichtsplatz stehen. Weltweit wird die Sonne seit jeher verehrt und symbolisch dargestellt. Im Nordschwarzwald lenken Sonnenuhren an Gebäuden die Aufmerksamkeit auf ihre Bedeutung. Diese Tradition setzt die ORNAMENTA 2024 fort. An zentralen Orten in der Region Nordschwarzwald werden Sonnenuhren dauerhaft neu installiert.
Bevor es standardisierte Zeitzonen gab, unterschieden sich die Zeitmessungen je nach Sonnenstand von Ort zu Ort. So geht die Sonne in Karlsruhe zum Beispiel etwas früher unter als in Baden-Baden. Auf der einen Seite strukturierten Zeitzonen das allgemeine Leben, auf der anderen spiegeln lokal angepasste Sonnenuhren den durch die Natur beeinflussten biologischen Rhythmus genauer wider.
Das Zeitfenster der Ornamenta-Sonnenuhr ist dabei unvollständig. Es erfasst nur den Stundenverlauf von 9 bis 17 Uhr und damit die Standard-Arbeitszeiten in westlichen Gesellschaften. Dies verdeutlicht die Manipulation von Zeit als soziales Konstrukt. Gewöhnliche Bürozeiten beachten selten die Zeit, die beispielsweise für die Hausarbeit notwendig ist. Und diese wird immer noch üblicherweise von Frauen ausgeführt und muss außerhalb der „regulären“ Arbeitszeiten vollzogen werden. Die neuen Sonnenuhren sind insofern eine stille Hommage an alle ruhelosen Arbeiterinnen.
Charlotte Rohde setzt damit ihre Auseinandersetzung mit geschlechterspezifischen Zuweisungen fort, die bereits ihre Arbeit als Schriftgestalterin zeigt. Traditionell werden Wegführungen und Schriftzüge von männlichen Designern entworfen.
Rohde bricht bewusst mit dieser Tradition, indem sie Schriftzüge vertreibt, die zeitgenössische Frauenbilder verkörpern.
Aphrodisierender Garten
In der Themengemeinde „Zum Eros“ ist der von Céline Baumann konzipierte „Aphrodisierende Garten“ in dem aus der Biedermeierzeit stammende Zeller-Mörike-Garten zu erleben.
Der „Aphrodisierende Garten” ist ein öffentlicher und inklusiver Garten der Lüste. Der vorhandene historische Apothekergarten wird um sechs thematische Beete erweitert, die sich durch eine Vielzahl verschiedenster Pflanzen auszeichnet, denen starke aphrodisierende Wirkung zugeschrieben werden.
Die Landschaftsarchitektin Céline Baumann und die soziale Gärtnerei von Q-Prints & Service aus Pforzheim, geben im Nagolder Garten neue Einblicke in die aphrodisische Pflanzenkunde. Sie stoßen damit einen Austausch über Intimität, Botanik und Gesundheit an. Ein Verzeichnis über die Nutzung und Wirkweise der Pflanzen wurde in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Naturheilbund recherchiert und erstellt.
Die Öffentlichkeit ist eingeladen, den Garten zu nutzen und zu beleben. Sie kann ihn beispielsweise für Hochzeiten und Picknicks nutzen, aber auch Performances oder Banketts sind an diesem Ort in Abstimmung mit dem Förderverein realisierbar.
Die offizielle Übergabe der beiden öffentlichen Kunstwerke wird am Donnerstag, 11. Juli, im Rahmen der Kultursommer-Eröffnung in Nagold ab 16:51 Uhr erfolgen. Der Start ist am Gerichtsplatz in Nagold. Alle Interessierten sind zur Teilnahme an diesem Event herzlich eingeladen.
Black Ball
Yvonne Dröge Wendels performatives Kunstobjekt „Black Ball“ wird ebenfalls in Nagold zu erleben sein. Wann und wo, wird aber nicht verraten. Der riesige schwarze Filzball mit einem Durchmesser von fast vier Metern, der von der ursprünglich aus
Karlsruhe stammenden Künstlerin ersonnen wurde, soll an einem unbekannten Termin überraschend in Nagold auftauchen und dann für die Menschen interaktiv zu erleben sein. Gerade der Überraschungsmoment und wie die Menschen mit der riesigen Filzkugel interagieren, ist Dröge Wendel wichtig.
Der „Black Ball“, der von fast 700 Menschen bei Workshops im Schmuckmuseum gefilzt wurde, wird innerhalb der Ornamenta-Themengemeinde „Inhalatorium“ über Straßen und Plätze zahlreicher Nordschwarzwald-Kommunen rollen – so wie bei früheren performativen Black-Ball-Projekten in Istanbul, Hongkong oder Südtirol.
Forstkugel
Nicht nur im kuratorischen Bereich wird Nagold Teil der ORNAMENTA 2024 sein und somit zu einem Ziel für Liebhaber zeitgenössischer Kunst aus aller Welt werden. Auch auf der Programmebene Ornamenta „Lust“ lädt Nagold zu einer Entdeckung ein.
Vom 17. August bis 1. September werden an den Wochenenden jeweils samstags und sonntags in der Forstkugel auf dem Nagolder Gartenschaugelände Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern des Kunstkreises Oberes Nagoldtal zu erleben sein.
Die Ausstellungen zeigen Werke unter dem Themenbereich „Waldverführungen“. Die Präsentationen sind sanstags und sonntags jeweils von 10 bis 17 Uhr zu sehen. Mit der Präsentation zeitgenössischer Kunst und Kultur im Nordschwarzwald zieht die ORNAMENTA 2024 bereits vor ihrem Start viele Blicke aus aller Welt auf sich. Einerseits, weil das kuratorische Team mit Katharina Wahl, Willem Schenk und Jules van den Langenberg aufstrebende Künstlerinnen und Künstler aus ganz Europa für die Ausstellungen und Projekte in Pforzheim sowie in Mühlacker, Bad Wildbad, Neubulach und eben Nagold gewonnen hat. Andererseits, weil mit den zeitgenössischen Positionen Orte bespielt und somit in den Fokus der Besucher gerückt werden, die bislang nur in anderer Funktion wahrgenommen wurden.
So wird das ehemalige Silberbergwerk in Neubulach ebenso zum Spielort für Gegenwartskunst wie das Bad Wildbader Forum König-Karls-Bad oder ein Funktionsgebäude im Pforzheimer Wildpark.
Ebenso die Matthäuskirche in Pforzheim, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach den Plänen des Architekten Egon Eiermann unter der Wiederverwendung von Kriegsschutt gebaut wurde. Dort ist von Anfang Juli bis Ende September die Hauptausstellung der „Schmutzigen Ecke“ beheimatet. Aber auch das Reuch-linhaus, in dem das international renommierte Schmuckmuseum sowie der Kunstverein Pforzheim zu finden sind, beherbergt zwei Hauptausstellungen, die der Themengemeinden „Solartal“ und „Inhalatorium“.
Die Ausstellungen der ORNAMENTA 2024, die nur mit gültigem Ticket besucht werden können, sind freitags bis sonntags von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Die öffentlichen Kunstwerke in Nagold, Mühlacker und Pforzheim sind frei zugänglich und werden die Region auch über die Dauer der ORNAMENTA 2024 hinweg bereichern.
Für Oberbürgermeister Jürgen Großmann ist Ornamenta ein „echter Gewinn“. Die Projekte wie die Sonnenuhr und der aphrodisierende Garten seien nachhaltig und könnten auf Dauer durchaus öffentliche Beachtung über die eigentliche Ornamenta-Zeit hinaus haben.
Oberbürgermeister Großmann dankt allen Akteuren für ihr kreatives Engagement; insbesondere sei die Mitwirkung vom Verein Zeller-Mörike-Garten löblich.
Genauso wichtig ist die Teilnahme des Kunstkreises Oberes Nagoldtal an der Aktion, wovon sich der Oberbürgermeister neue Impulse in der lokalen Kunstszene verspricht.